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WANDLUNG UND NEUBEGINN JETZT, IMMER JETZT

Jetzt ist eine Gelegenheit seine Lebensweise zu betrachten und zu ändern - Hier sind einige tiefergehende Anregungen dazu © Texte: Bhajan Noam

1) Der Umgang mit seinen Mitmenschen
Bei jedem Menschen, der dir begegnet, erinnere dich: Alle Menschen sind gleich und wollen mit gleicher Liebe und Achtung behandelt werden. Es gibt keine guten und schlechten, wertvollen und wertlosen Menschen. Keine die höher und weiter, und andere, die niedriger sind. Wir alle sind Brüder und Schwestern, Freunde und Freundinnen, Kinder der einen Wahrheit, und wir bedürfen der gleichen tiefen und unvoreingenommenen Freundlichkeit. Alle Menschen, gemeinsam mit der unendlichen Schöpfung, bilden ein einziges Wesen. Als Teil von diesem Wesen trägt der Einzelne alle Träume, alle Hoffnungen und alle Möglichkeiten des Ganzen in sich. Wie könnte ich da sagen: Der ist mehr oder die ist weniger? Jedes Wesen ist eine einzigartige Blüte der Schöpfung. Jedes ist vollkommen und einmalig, und gibt sein nie zuvor gehörtes Lied in diese Welt. Und die Lieder aller gemeinsam sind der ewige Schöpferton OM. – Schaue dir die Menschen danach an, was aus ihrer Seele sprechen will, was sie dieser Welt schenken können, um sie schöner zu gestalten, um sie harmonischer und friedlicher erscheinen zu lassen, um sie zu einem glücklichen, mit liebender Kraft erfüllten Ort zu erschaffen. Fördere jeden und auch dich darin. Erlausche die verborgenen Dinge, das, was im Samen geschieht, bevor er den scheinbaren Sprung zum Keimling vollzieht. – Schenke Verehrung allen, die erkannt haben, allen Meistern, allen Lehrern und allen die Erkenntnis anstreben. Berühre die Füße der Erwachten.

2) Ahimsa - Gewaltlosigkeit üben
Wie ich selbst sind alle Wesen Trennung, Krankheit, Alter und dem Tod unterworfen. Wie ich selbst wünschen alle Wesen ein Dasein in Unversehrtheit, Gesundheit, Wohlstand und Würde. Wie mir selbst schenke ich allen Wesen meine Achtsamkeit, mein Mitgefühl, meine Liebe und meinen Dienst. Ich halte Abstand von Töten, Verletzen, Diebstahl, Betrug, Lügen, harten Worten, Intoleranz, Begehren und jeglichem negativen Denken. Ich fördere täglich in mir wohlwollende Gedanken, dienliches Handeln, Anhaftungslosigkeit, Wunschlosigkeit und bedingungsloses Vertrauen. Ich ehre in jedem den Samen zur Meisterschaft. Ich verneige mich vor der Reinheit jeder Seele. Ich sitze zu den Füßen der Meister und Gerechten und folge ihren Lehren mit Bedacht.
Ahimsa, die Lehre der Gewaltlosigkeit und hohen Achtung sich selbst gegenüber und allen Wesen der Welten, den Menschen, Tieren, Pflanzen und Elementen, gilt als Basisorientierung für alle Praktizierenden, die ein höheres Bewusstsein anstreben. Diese Lehre hat vier Kernaussagen:
1. Gewalt ist Töten, Verletzen, Diebstahl, Betrug, Lügen, rohe Worte, Intoleranz, Begehren und jegliches Denken, das negativen Äußerungen und Handlungen zugrunde liegt.
2. Gewaltlosigkeit ist das Praktizieren von Mitgefühl und Liebe sich selbst und der Existenz gegenüber aus dem Wissen um die Vergänglichkeit allen Seins und der Erkenntnis der höchsten Ordnung.
3. Der Weg zu Ahimsa ist anhaftungsloses Beobachten, selbstloses Dienen, Erkenntnis der Gleichwertigkeit aller Daseinsformen, schrittweise Befreiung von negativen Gedanken, verletzenden Worten und zerstörerischen Handlungen, Kultivierung liebevollen Denkens, wohlwollenden Sprechens und förderlichen Handelns, Entwicklung von Dankbarkeit, Geduld, Nachsicht und Humor, Praktizieren von Meditation und Gebet, Heiligung jedes Augenblicks, jeder Handlung, jedes Erlebens.
4. Das Ziel von Ahimsa ist die Verkörperung von Friedfertigkeit, Respekt, Weisheit und natürlicher Würde durch uns alle als wahre Menschen und Erben dieser Erde.
Die freiwillige Abkehr von jeglicher grober und subtiler Form von Gewalt öffnet in dir einen weiten Raum für Gleichmut, Vertrauen und Frieden. Ahimsa setzt eine enorme Energie in dir frei, da sie dich in Einklang mit dem kreativen Potential des gesamten Universums bringt. Freundliche Gesinnung ist die alle Hindernisse überwindende Kraft, die selbst die Herzen von Steinen öffnet. Ahimsa bereitet deinen Geist auf die Erkenntnis des Höchsten vor.
Bevor du mit Ärger regierst, bedenke: Die Welt ist das, was du selbst ausgesät hast. Säe Hass und du erntest Hass. Säe Liebe und du erntest Liebe. Kommt Hass auf dich zu, bleibe still und lasse den Hass vorüberziehen. Gib Liebe, auch wenn weiterhin Hass auf dich zukommt. Es sind noch die Antworten auf deine vergangenen Taten, die jedoch bald verhallen, wenn du standhaft Ahimsa praktizierst. Verdamme dich nicht, wenn es dir nicht immer gelingt. Beginne mutig von vorne. Übe täglich weiter.

3) Liebe und Achtsamkeit
Lebe so, dass deine Achtsamkeit und deine Liebe im Gleichgewicht sind. Letztlich ist Liebe Achtsamkeit und Achtsamkeit Liebe, und du bist im Fluss mit dir. Liebe und Achtsamkeit gelten zunächst deinem Körper, indem du deinen Atem wahrnimmst, indem du deine Bewegungen aus dem innersten Sein geschehen lässt und im äußeren Sein eine Atmosphäre geschaffen hast, die dir würdig ist und dich nährt.
Dann berühre deine Seele und lasse sie berühren – erkenne in ihr dein tieferes Wesen. Sei in einer entspannten Haltung oder bewege dich im Gleichklang mit der Welt. Lasse die Freundlichkeit dein Herz betreten. Unterlasse alle Handlungen mit niederen Schwingungen.
Erkenne den Funken, der du bist, der dem Göttlichen entsprang – doch nur in deiner Vorstellung. Denn in Wahrheit wurde nie der Ort verlassen, der alles eint, wurde nie getrennt und nie verbunden, gibt es keine Welt und keinen Himmel, alleine das unnennbare heilige Sein, das deinen Nachbarn zum Trinker macht und dich zum Yogi, das euch beide umarmt mit unendlicher Liebe, das die unergründbare Herrlichkeit ist! Lasse diese Herrlichkeit dein Leben leben, deinen Atem atmen, dein Wirken bewirken, deine Liebe erleuchten, und sei in ebensolcher Herrlichkeit ein schlichter Mensch, der nicht weiß und nichts als Freundschaft überall bewirkt.
Das ist der hohe Yoga, den jene anstreben, denen Lüge und Selbstbetrug fremd geworden sind, die niemandem mehr Schmerz wünschen, die das Leiden durchschaut und den Weg tiefster Befriedigung erkannt haben.

4) Ein Spirituelles Leben
Wenn du an Spiritualität lediglich interessiert bist, lies spirituelle Bücher. Wenn du aber mutig bist und Spiritualität erfahren willst, suche dir einen Meister. Sich für etwas interessieren und es wirklich erfahren wollen, dazwischen liegen Dimensionen, dazwischen tut sich ein tiefer Abgrund auf, den der Mutige überspringt und den der Feige übersieht.
Spiritualität ist nicht etwas, das wir unserem gewöhnlichen Leben einfach hinzufügen können. Wir beten jetzt abends regelmäßig ein Gebet, wir meditieren täglich eine halbe Stunde, wir gehen jeden Shabbat in die Synagoge, jeden Sonntag in die Kirche... das alles macht noch kein spirituelles Leben aus. Es wird es in den meisten Fällen sogar verhindern, denn das alles kommt vom Kopf und nicht aus dem Herzen. Solange ich denke, ich muss dieses oder jenes tun, um spirituell zu sein, gehe ich weit daran vorbei und klebe an den Schaufenstern und Leuchtreklamen der Mainstreet.
Spiritualität gibt es nicht im Supermarkt, sie liegt nicht auf den Sonderangebotstischen rum. Du musst nach ihr in den schmalen Nebengassen suchen, auf den kleinen Dörfern oder in den dunklen Wäldern. Du wirst dich anfangs oft verlaufen, es gibt keine Hinweistafeln, vielleicht aber ein gemurmeltes Wort, ein kleiner Sonnenstrahl durch das Dickicht, eine vage Ahnung tief in deiner Seele.
Jetzt kannst du nicht mehr anders als weitergehen, unablässig weitergehen, jetzt hast du einen Duft in der Nase, ein gewisses Aroma, das dich weiterlockt auf verschlungenen Pfaden, dessen Ursprung du um alles in der Welt erfahren willst. Du gibst alles andere auf, schenkst alles weg, was dich belastet, was dich aufhält, was dich schwer macht, denn du willst eilen, willst fliegen. Und du weißt noch nicht, dass du nachhause zurückeilst. Da wartet nicht das Unbekannte auf dich, da wartet seit Ewigkeiten deine Heimat, dein Selbst.
Ein spirituelles Leben bewegt sich mit allen Fasern, mit allen Sinnen und aller Sammlung auf diesem Grat. Es widmet den Tälern dort unten in den Nebeln keine Aufmerksamkeit. Es achtet nicht auf die Rufe der Hirten, die ihre Schafe am Abend einsammeln. Es wird angezogen von der Nacht, es folgt dem fremden Gesang der Sterne. Es flieht einem neuen Morgen entgegen. Und dieser Morgen ist bereits angebrochen, mitten in der Nacht, in tiefster Dunkelheit. Der Bote, der die frohe Botschaft verkünden wird, steht schon vor der Tür.
Äußerlich mag ein spirituelles Leben ganz gewöhnlich aussehen. Das Ungewöhnliche, die Revolution geschieht in deinem Inneren. Je spiritueller ein Leben wird, desto gewöhnlicher erscheint es für die anderen. Und am Ende ist es völlig unsichtbar, für Uneingeweihte nicht unterscheidbar von einem Alltagsleben. Nur der Eingeweihte, der selbst erkannt hat, kann sehen, was mit dir geschehen ist – der Meister, der dich sichtbar oder unsichtbar die ganze Zeit geleitet hat.
5) Yoga, Sex und kosmisches Bewusstsein
Mit tiefem Bewusstsein praktizierter Sex, mit großer Achtsamkeit empfangener und erlebter Sex ist nichts anderes als eine Form der Meditation, eine Form von Yoga, wenn nicht der Ur-Yoga. Und das können wir aus den folgenden Ausführungen herauslesen. Es gibt fünf Entwicklungsstufen im Sex. Zuerst ist Sex Selbstzweck. Dann ist Sex Verbindung. Als Nächstes reift er zu Liebe heran. Danach hebt er uns in die wache Bewusstseinsebene, Sex wird zu Präsenz. Und am Ende der Entwicklung ist er unser Sprungbrett ins Namenlose, ist er Transzendenz, ist er pures Sein. Er ist diese eine Energie, die sich durch unser ganzes Leben, durch unseren gesamten Werdungsprozess hindurch höher und höher, weiter und weiter entfaltet. Mit wachsender Reife verfeinert sich Sex von Stufe zu Stufe zu kosmischer Bewusstheit.
Bei allem aber, von der ersten bis zur letzten Stufe, spielt Phantasie die wesentliche Rolle. Phantasie ist immer der Beginn von allem Neuen, von einem großen Aufschwung. Als erstes beflügelt uns immer die Phantasie, dann folgt der Mut zu unserem nächsten Schritt nach oben. Phantasie ist verspielte Intelligenz, die uns auffordert, die Dinge leicht anzugehen. Jede Handlung, ja schon beim Denken, sollten wir mit Leichtigkeit beginnen. Voll Leichtigkeit, voll Verspieltheit und voll Freude sollte unser ganzes Leben sein, ein Tanz der Energien!
Wenn wir spielerisch, ohne Zwang, ohne Verbissenheit denken, handeln – leben! stellt sich Phantasie, stellt sich die Inspiration von alleine ein. Phantasie verträgt keine Schwere. Sie braucht den weiten Raum, Freiheit, Freude und Beschwingtheit als Nahrung. Schwere ist tödlich für sie. Da uns Sex, wie ich vorhin begann, durch unsere gesamte Entwicklung hindurch begleitet und trägt, oder weit mehr noch, da wir Verkörperung dieser großen und großartigen Energie sind, sollten wir ganz besonders im Sex spielerisch, phantasievoll und daraus resultierend achtsam und liebevoll sein. Verspieltheit entwickelt Sensibilität in uns. Wir werden empfindsamer für unsere eigenen Bedürfnisse und die Bedürfnisse anderer, unserer Partnerinnen und Partner in diesem großen Lebensspiel, das eigentlich ein Liebesspiel sein sollte. Empfindsamer geworden, werden wir wie von selbst auch friedvoller und liebevoller.
Wenn wir aufgehört haben uns selbst zu verletzen, wird es uns unmöglich sein, andere zu verletzen. Denn es ist ja unsere eigene Verletztheit und Selbstvernachlässigung, die uns aggressiv gegenüber dem anderen, dem Spiegelbild, macht. Liebe aber fordert Achtsamkeit, und Liebe fordert Hingabe. In Liebe versunken, beginnen wir letztlich die Große Einheit zu ahnen, nach der wir uns alle aus tiefster Seele sehnen. Und jetzt ist es kein weiter Weg mehr.

6) Wirkliche Moral ist unmoralisch
Der Mensch ist so kompliziert geworden in seiner Psyche und in seinem Denken durch zahllose widersprüchliche Lehren und Meinungen, dass er schon lange jeglichen Überblick verloren hat und wie ein Narrenschiff den Gewalten des Ozeans hilflos ausgeliefert scheint. – Und genau an dieser Stelle gilt es einen SCHNITT zu machen.
Vergiss bitte alle Religionen, Philosophien und deren Lehren und werde zu einem Wesen, das mutig selber forscht! Stelle immer wieder neu diese Fragen: Was ist Menschsein generell? Was ist mein Menschsein, meine spezielle Wahrheit, meine Aufgabe, meine Erfüllung – jenseits aller Prägungen und Ansprüche? – Buddha hat von seinen Schülern niemals verlangt, an ihn und seine Lehre zu glauben. Er hat immer wieder betont, das sei seine Erfahrung. Und er hat sie aufgefordert, selbst zu forschen, in sich zu gehen, zu meditieren, um zu erfahren, was für sie die Wahrheit ist.
Versuche bitte, dich aller Moral zu entledigen. Das bist nicht du, das ist eingeimpft. Es mögen alles wunderbare und menschenfreundliche Gedanken sein, aber sie kommen nicht von dir, sie sind dir in den Kopf gesetzt worden, als du noch nicht bewusst warst und dich nicht wehren konntest. Jetzt glaubst du, dass es dein Denken, dein Empfinden sei. Aber das stimmt nicht. Wirkliche Moral ist sozusagen unmoralisch. Sie resultiert nicht aus der Befolgung der zehn Gebote. Du kannst moralisch sein, ohne jemals etwas von ihnen gehört zu haben. Das ist die Moral, die im Herzen von jedem wohnt. Die kleine, feine Stimme, die vom Lärm der Welt noch überlagert ist. Meditation bedeutet, all diesen Lärm – einschließlich der Stimmen deiner Eltern, deiner Lehrer und der Gesellschaft – zum Verschwinden zu bringen, alles Aufoktroyierte, alle Konditionierungen fallen zu lassen und bei SICH anzukommen. In der Leere, die zugleich die Fülle ist, in der alles enthalten ist, was wirklich von Wert ist, was dir Licht und Leichtigkeit schenkt: Liebe, Freiheit, Freude, Wahrheit, Verstehen.
Jesus sagte „Wer nicht Vater und Mutter verlässt und mir folgt, der kommt nicht ins Himmelreich.“ Oder er sagte „Wer nicht seine Kleider zerreißt und wieder wie ein Kind wird, wird das Himmelreich nicht erfahren.“ In uns sind die Stimmen von Vater und Mutter, von den Lehrern, den Politikern, den Priestern, aber wir müssen die eigene Stimme entdecken und ihr allen Raum geben, um uns in unserem wahren Selbst zu erfahren. Die Kleider, die wir zerreißen sollen, sind die Prägungen durch unser Umfeld, die es gilt, von sich zu schleudern, um wieder nackt und ungeprägt zu sein. Nur in dieser Reinheit, in dieser wiedererlangten Unschuld ist es möglich, die Stimme Gottes zu empfangen, oder die Stimme unseres eigenen inneren Selbst, die die Stimme der einen ungetrübten Wahrheit ist.

7) Sei du selbst
Wie ich es sehe, will Gott keine zwei gleichen Menschen. Gott will liebevolle, starke, freie, kreative Individuen, genauso wie er sie zu Beginn gedacht und erschaffen hat. Wiederholungen finden wir in seiner Schöpfung nicht. Nachahmer sind noch ängstliche, furchtsame Wesen, die unserer besonderen Zuwendung und Ermunterung bedürfen. Denn Gott will mutige, glaubensstarke Kämpfer gegen jede Trägheit und Eintönigkeit, die voller Respekt und Würde ihren ganz eigenen Weg sich bahnen, den vielleicht nicht einmal Gott selbst kennt. Gott ist neugierig auf dich.
Jedoch sollte der Ängstliche nicht belächelt, sondern immer auch als ein Mensch mit großem Mut betrachtet werden, er hat in diesem Leben den Mut, seine ganze Furchtsamkeit zu leben. Das ist sehr bedeutsam und wichtig – wenn auch vielleicht eine etwas ungewöhnliche Sichtweise. Ich denke mir, Gott wünscht sich, dass seine Geschöpfe alle Gefühle in diesem Leben aufrichtig leben, sie sind letztlich alle gleich, aus derselben Energie heraus entstanden. Wer seine Angst total leben kann, kann danach auch seine Hingabe, seine Liebe total leben. Er hat die Energie dahinter kennen gelernt, er hat einen Geschmack davon bekommen. Es ist für ihn lediglich noch ein zu Ende gehen des Prozesses. Wer sich seiner Angst stellt – und sie nicht furchtsam verdrängt – wird am Ende tiefe Liebe erfahren!
Auch der Glaubensstarke mag sich oft ängstigen auf seinem Weg. Auch er mag immer wieder Furcht verspüren in der Dunkelheit. Doch er geht trotzdem unbeirrt weiter, denn er kann gar nicht anders. Er hat das Göttliche bereits in sich gefühlt. Und unter diesem Wert verkauft er sich nicht mehr. Wie er sich überhaupt an niemanden verkauft, unter keinen Umständen. Aber er verschenkt sich von Herzen mit all seiner Freude an das wahre, an das echte, authentische Leben. Und er nimmt von Gott jede Prüfung an, um diese seligen Momente des Sieges wieder und wieder spüren zu dürfen. So lebt er immer wacher in seinem Gebet, in seiner Meditation, die zu seinem Leben geworden ist.
Auf seinem Weg zeigt er allem und allen seine tiefe Verbundenheit und Dankbarkeit, sein ganzes Herz, und er bietet jedem mitfühlend seine Unterstützung an. Du erfährst seine betörende Nähe und Präsenz. Er ist kraftvoll und doch auch wie ein verletzbarer Hauch, gleich einem Schmetterling. Lasse dich von ihm betören, lasse dich von ihm bekehren zu deinem bis heute noch unbegangenen Pfad. Werde aber nicht wie er. Sei etwas Neues, Taufrisches, ganz und gar Unbekanntes. Etwas, das selbst Gott überrascht. Sei du selbst!

8 ) Religion geschieht dir
Du kannst zwar Mitglied einer toten Institution werden, aber du kannst nicht einer Religion beitreten. Religion ist eine lebendige Kraft, die eines Tages über dich kommt wie ein Blitz. Religion geschieht dir. Und sie packt dich an deinen tiefsten Wurzeln, um dich deinem geliebten Garten zu entreißen und dich der Wildnis preiszugeben. Religion ist, wenn der Löwe in dir zu brüllen beginnt. Religion ist, wenn Gott deine alte Seele zum Teufel schickt, um allen Platz in dir nur für sich zu beanspruchen. Religion ist der Altar, auf dem du dich vollständig opfern musst. Religion ist nicht in Tempeln und Kirchen zu finden. Religion ist an Orten, vor denen die Hammelherden ängstlich fliehen. Religion ist das Fest des Sieges über die Dummheit. Religion ist die Zelebration der Freiheit. Einer Freiheit, die du dir nicht verdienen kannst, die dir aus unfassbarer Gnade heraus geschenkt wird. Religion ist das größte Fest deines Lebens – dann, wenn dein ganzes Leben Religion geworden ist. Religion ist das Heim, in dem der höchste Frieden weilt. Religion ist die Stätte, wo die Güte milde waltet. Religion ist das fruchtbare Tal der Liebe, die sich selbst nicht kennt.

9) Der wahrhaftige Mensch
Der wahrhaftige Mensch wird sich selbst erfinden – und das täglich neu. Er wird sich von keiner Person und von keiner Gesellschaft in eine falsche Form pressen lassen.
Nicht Gesetze sorgen für Harmonie, sondern jenes mysteriöse Unwägbare. Nicht Gebote lehren dich, sondern das lebendige Leben selbst.
Das ist am Anfang nicht leicht. Deshalb braucht man, so widersprüchlich es klingt, Vorbilder. Nicht aber um sie nachzuahmen – nur um in ihrem kostbaren Flair von Freiheit, von Unberechenbarkeit zu weilen und dies zu seiner eigenen Natürlichkeit werden zu lassen.

10) Jedes Leben hat einen sehr tiefen Sinn
Dieser Sinn, die Quintessenz unseres Daseins, lässt sich nicht über ein Nachdenken herausfinden. Nur indem wir wach und bewusst leben und gerade auch – mit Mut, Geduld und vielleicht einer Prise Trotz – durch die dunkelsten Täler, mal einsam, mal mit einem Gefährten, hindurchschreiten, können wir jenes kostbare Unbeschreibliche einst als unsere wahre Realität, als alchimistisches Destillat des heiligen Öls erfahren und in unser Dasein bergen.
Lebe so: Jede Minute ist kostbar, jeder Atemzug ist Weisheit, jede Begegnung ist Erfüllung. – Und in Wahrheit ist tief drinnen in uns nur Liebe, Freude und ein tanzendes Herz. Mag dies alles noch verborgen sein unter Gram, Wut, Trauer, Neid, Wehmut, Ängstlichkeit, Verzagtheit, lasse dich von diesen Gefühlen nicht über jene wunderbare Realität hinwegtäuschen.
Man könnte auch sagen, das Leben ist wie das Schälen einer Zwiebel... Schicht um Schicht abtragen, natürlich auch mit Tränen verbunden. Doch am Ende ist der Sinn, ist das Tao, die Weisheit des Seins wie ein hell strahlender Diamant klar vor unseren gereinigten Augen.
Jedes Leben hat einen sehr tiefen Sinn. Den, dass du zum Dichter deines eigenen Daseins werden kannst. Zum Liebhaber deiner selbst. Zum Tänzer, der in der Ekstase seines Tanzes sich selbst, den Tanz, die Ekstase und sogar Gott verliert.

11) Hilflosigkeit
Hilflosigkeit verspüren zu dürfen, ist ein Menschenrecht. Lasse die Hilflosigkeit eintreten. Begrüße sie als Gast und widme dich ihr, wie du einem willkommenen Gast alle Zeit und dein ganzes Sein zur Verfügung stellst.
Wenn Hilflosigkeit bei dir anklopft, vertreibe sie nicht mit blinder Aktivität, sondern setze dich mit ihr zusammen. Schaue ihr in die Augen. Lasse ihr Wesen tief in dich hinein. Und du wirst erstaunt sein, welche Stille, welcher Frieden nach und nach über dich kommt.
Dieser Frieden ist dein eigentliches Sein. Diese Stille wird immer dann auftauchen, wenn du eine Situation oder ein Gefühl total zulässt und dich nicht wehrst. Vertrauen und Zulassen sind der Trick: dann entsteht kein Kampf, keine innere Zerrissenheit – sondern eine neue Ganzheit.
Jede Situation, tausendmal am Tag, fordert dich zu nichts anderem heraus. Und tausendmal überlässt du dich mechanischen Reaktionen. Jede Situation kann das goldene Tor sein zu deinem innersten Kern.
Wenn du zu kämpfen beginnst, hast du die Gelegenheit verpasst. Unendliche Male warst du bisher Verlierer. Doch kümmere dich nicht um Vergangenes, lehne nur diesen Augenblick nicht ab, nimm dieses Jetzt an, wie es ist, und du bist zum ersten Mal Sieger!
Sieger über alles Leiden in der Welt, das auch in dir wurzelt. Und wenn du einmal ein wirklicher Sieger warst – ein wirklicher Sieger sein heißt in der Sprache des Herzens, sich dem Fluss zu ergeben – dann verstehst du auch zum ersten Mal den wahren Wert des Lebens. Du darfst hilflos sein, du darfst enttäuscht sein, du darfst hoffnungslos sein... und es ist schön, es ist ein Leuchten, ein Aufblühen der Seele.

12) Gehe den göttlichen Weg der Freundschaft
Den Weg der Freundschaft gehen, heißt für mich, den natürlichen Weg der Selbsterkenntnis, Selbstüberwindung, Reinigung und Heiligung gehen. Nimm dankbar den Spiegel an, den dir Gott mit der Freundschaft schenkte. Erfahre ohne Scheu die unbekannten Seiten deiner Seele im anderen.
Gehe durch Licht und Schatten mit jemandem, der dich liebt. Sei keine Insel mehr und konstruiere jetzt auch keine Doppelinsel. Finde durch den Freund zur Freundschaft mit der Menschheit.
Überwinde die Anpassungstendenz, aber auch die Widerstände. Dein Freund ist eine Spielart von Gott, er ist Gott. Sei wach! Übe dich in Respekt, Dankbarkeit, Aufmerksamkeit und Rücksicht.
Freundschaft ist der Herzöffner, und das Herz ist die Quelle des Schenkens, der Freude, des Lachens, des Tanzens, der Lieder, der Kunstwerke. Freundschaft facht die Glut deines Herzens, das Feuer deiner Seele an, nutze die Energie der Freundschaft zur Erkenntnis, zum Sprung in die Freiheit.
Freundschaft ist irdisch, Liebe ist kosmisch, deswegen soll die Freundschaft auf dieser Erde der Liebe vorausgehen. Und über der Liebe und der Freundschaft steht am Ende Freundlichkeit. Freundlichkeit ist die Qualität des Seins, ist die vollkommene Bewusstheit. Freundlichkeit ist Unabhängigkeit in Verbundenheit, ist Zuneigung, die die Blüte der Stille zart in sich selbst berührt

13) Vegane Ernährung
Wirklich erwachsen werden kann nur, wer kein Säugling bleibt. Kuhmilch ist Säuglingsnahrung. Eigelb ist Embryonahrung. Eine schlichte Tatsache. Die stärksten Tiere sind Veganer: Elefant und Gorilla. Sie gelten auch als die Klügsten. Milch "verstopft" Körper und Gehirn – ab dem Zeitpunkt, wo der Säugling sich zum Kleinkind entwickelt und normalerweise entwöhnt wird. Was bis zu diesem Stadium Aufbaunahrung war, wird nun zu einem schleichend zerstörenden Gift für den Körper. Denn der Körper hat die Produktion jener Enzyme, die Milch verdaubar machen, für den Rest des Lebens eingestellt. Mit fertigem Eiweiß wird ihm ein großer Energieaufwand abverlangt, um es in die verwertbaren Bausteine zu zerlegen. Der Körper braucht nur die elf essentiellen Aminosäuren, aus denen er sich Eiweiß selbst körpergerecht zusammenbaut. Und die kommen in Gemüse, Getreide, Hülsenfrüchten und Obst vor.
Milch enthält für den Säugling Stoffe, die ein schnelles Zellwachstum fördern, beim Erwachsenen fördern sie Krebs. Nach der großangelegten „China-Studie“, die eindeutige Belege für die Schädlichkeit des Konsums von jeglichen Milchprodukten bei Erwachsenen lieferte, inkl. erhöhte Osteoporoseanfälligkeit, müssten alle Hausärzte ihre Patienten vor einem Verzehr dringend warnen. Jeder kann aber in einem 14-tägigen Selbstversuch schnell die Vorzüge für den eigenen Körper herausfinden. Der Körpergeruch lässt erheblich nach, eventuell vorhandene Entzündungen schwächen ab, die Verdauung ist weniger belastet, Müdigkeit verschwindet und ein Gefühl von Leichtigkeit und innerer Reinheit tritt ein. Die globale Dringlichkeit für eine vegane Ernährungsweise kann sich jeder intelligente Mensch selbst ausdenken oder sich entsprechendes Videomaterial anschauen. Ich habe es hier in eine kleine Traumgeschichte verpackt.

14) Indigene Menschen
Indigene Menschen sind freie Menschen, wo auch immer sie sich gerade auf diesem Planeten bewegen. Sie haben kein Verständnis für Staaten, Regierungen und künstliche Grenzen. Sie registrieren aber akzeptieren diese Dinge nicht. Sie verstehen sich als die ursprünglichen Seelen, die vor langer Zeit die Erde aufsuchten und die hier blieben, um die alten Werte durch alle Zeiten hindurch zu hüten. Niemand außer ihnen selbst kann ihnen einen Namen, eine Zugehörigkeit und eine Aufgabe geben. Sie alleine kennen ihren wahren Namen, ihre zeitlose Herkunft und ihren selbst gewählten Auftrag. Das Geheimnis schützt sie und innerhalb des Geheimnisses sind sie unabhängige Verbündete. Du kannst ihnen nicht begegnen, außer sie wollen es. Du wirst sie erst erkennen, wenn du dich selbst erkannt hast. Für alle anderen bleiben sie unsichtbar. Sie beeinflussen niemanden, doch sie wirken in stiller und außergewöhnlicher Weise auf jeden.

Ich wünsche allen meinen Lesern und Schülern einen mutigen Sprung in ihr eigenes authentisches Leben! Ein gutes und friedvolles Jahr 2023!

Alle Texte sind aus meinem Buch "SHASTRAS - Meistertexte"

www.bhajan-noam.com/meine-buchseite/

Portofrei (D) bestellen: bhajan-noam@gmx.de

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MEINE WEIHNACHTSBOTSCHAFT

Heiliger Abend und geweihte Nacht –
Der achte Schöpfungstag


Weihnachten ist das einzige christliche Fest, das noch nach den alten Regeln mit Heiligabend an einem Abend beginnt. In der jüdischen Tradition beginnen alle Festtage und auch der Shabbat am Vorabend. Der Grund dafür steht in der Schöpfungs-geschichte, wo es heißt: „Es wurde Abend und es wurde Morgen, das war der erste... der zweite... der dritte... Tag.“ In der Weise beginnt – nach den Vorbereitungen – das Feiern, beginnen die Zeremonien jeweils schon am Abend und leiten so den neuen festlichen Tag ein.

Weihnachten, das Fest des Lichterglanzes, bringt uns mit dem ersten Schöpfungstag in Verbindung. Am ersten Tag schuf Gott das Licht und trennte es von der Finsternis. Er hob es hervor. Er gab ihm einen erhabenen Platz. Es steht nicht geschrieben, er erschuf das Licht und die Finsternis. Finsternis herrschte seit Uranfängen, sie ist der Zustand des leeren Raums, den sich der Geist Gottes erst erschließen musste. In der Bibel heißt es: „Die Erde war wüst und leer, und Finsternis war über der Tiefe; und Gottes Geist schwebte über den Wassern.“

Nach der Schöpfungsgeschichte des Alten Testaments entstand mit dem Licht zugleich auch die Ordnung, gebar das Chaos aus sich heraus ein beseeltes Universum. Zu Beginn des Neuen Testaments wird das strahlende Licht Jesu Christi geboren. Es kommt herab in diese Welt, um sie zu erhellen, um jeden einzelnen Menschen aufzuwecken, zu erinnern, ihm zu offenbaren, dass nur er selbst sich als ein bewusstes, geistiges Wesen erschaffen kann, dass sein Wachsen, seine Entwicklung in seiner eigenen Verantwortung liegt und dass es einen klaren Weg gibt von den Anhaftungen, von allem Falschen, von aller Finsternis in das Wissen, in das Licht und in die Freiheit.

Leben ist lernen zu lieben. Von der Geburt bis zum Tod dient unser diesseitiges Leben einzig dem Lernen. Doch auch vom Tod bis zu einer neuen Geburt bleibt es ein Lernen, ein Lernen im sogenannten Jenseitigen. Der sichtbare und der unsichtbare Raum sind ein und derselbe, ein weites Zuhause für die zahllosen Seelen. So sind auch die vergängliche Zeit und die Ewigkeit ein hell strahlendes Kontinuum. Lernen ist weder ein aktives Tun noch ein passives Geschehenlassen. Lernen ist eine schlichte Rückkehr oder Rückbesinnung. Lernen ist ein freudiges sich Erinnern. Und am Ende ist Lernen das letzte große Vergessen. – Lieben ist ein eingestimmtes, schlichtes Sein. Lieben lernt der Mensch, indem er das aufs Diesseitige ausgerichtete Leben in den großen Kreislauf, der wieder und wieder ins Göttliche mündet, einbinden lässt. „Leben ist lernen zu lieben“ bedeutet jenen, die vor Sehnsucht brennen, ein Feuer, das weder Kälte noch Hitze kennt, nicht Dunkelheit noch Licht, ein Feuer, dessen Funken die Myriaden Kinder Gottes sind, vom Weltenwind erfasst und in ozeanische Weiten, die doch nichts als Nähe sind, verstreut. „Leben ist lernen zu lieben“ ist für den, der um diese Sehnsucht noch nicht weiß, ein Warten, eine Stille oder oft ein Lärm. Ein Lärm, der als Krankheit wütet, als Krieg, als eine große Not. Darin muss er sich bewähren als Seele unter Mitseelen. Und alle Konflikte werden die Sehnsucht entfachen helfen, die ihm schon bald seinen kleinen Pfad heimwärts in die Große Wildnis zeigt.

Der zweite Schöpfungstag erinnert uns an die Taufe Jesu. Hier gab Gott den wilden Wassern eine Ordnung und Heiligkeit. Er machte sie zu einem lebendigen Elixier, indem er sie in ein Oben und ein Unten, in Himmel und Meer teilte und damit einen lebensfördernden Kreislauf erschuf. Es reicht nicht aus, allein im Wasser des Jordan getauft zu werden, erst der Geist Gottes, der vom Himmel herabkommt, macht die vollständige Weihung aus.

Am dritten Schöpfungstag sammelte Gott das Wasser in Meere, Seen und Flüsse und trennte es so vom festen Land. Jetzt entstand Fruchtbarkeit. Kräuter wuchsen und Bäume mit Blüten und süßen Früchten. Gräser wuchsen und bildeten Samen. Und wir erinnern uns an die Geschichte, in der Jesus mit seinen Jüngern an einem Shabbat an Getreidefeldern entlang wanderte. Die Jünger pflückten sich Ähren und aßen die reifen Körner. Da kamen die Schriftgelehrten herbei, die dies aus der Ferne beobachtet hatten. Und sie fragten hinterlistig: „Weiß der Sohn Gottes nicht, dass das Ernten am Shabbat verboten ist?“ Und Jesus antwortete jenen: „Der Mensch ist nicht da, dem Shabbat zu dienen, der Shabbat dient dem Menschen.“

In seinen Gleichnissen benutzte Jesus einige Male Getreide als eine Metapher. Für Menschen aus einer bäuerlichen Gesellschaft waren seine Worte einfach zu verstehen. Sie wussten sofort, was er meinte. Jesus war ein Meister der Sprache, der stets knappen und treffenden Worte. Bevor wir aber seine prägnanten Sätze übernehmen oder Weisheiten anderer Meister uns zu eigen machen, sollten wir sorgfältig achtgeben, ob wir wirklich verstanden haben, was gesagt wird. – Denn auch bei einfachen, scheinbar unzweideutigen Worten kann es zu gravierenden Missverständnissen kommen, gerade weil man so schnell verstanden zu haben glaubt. Lasst es mich anhand einer chinesischen Spruchweisheit verdeutlichen.

„Wenn der Reis Früchte trägt, neigt er sich – wenn der Mensch zu Reichtum gelangt, hebt er sein Haupt.“

Man möchte dem nichts entgegenhalten. Ist es nicht das, was wir fast alltäglich erleben? Ich will dieses Sprichwort einmal bewusst anders auslegen, weil ich glaube, dass dadurch eine tiefere Wahrheit ausgegraben und ans Tageslicht befördert wird. Die oberflächliche und für jeden erkennbare Aussage ist eine moralische, die tiefer liegende ist eine spirituelle Wahrheit.

„Wenn der Reis Früchte trägt, neigt er sich.“ – Das heißt, alles Irdische bleibt in einem Kreislauf. Ein Samenkorn gelangt in die Erde, es erhält Feuchtigkeit durch den Regen und Wärme von der Sonne und beginnt einen Keim zu bilden, der sich alsbald aufrichtet. Der Keimling wächst, bildet Blätter aus und eine oder mehrere Blüten, die alsbald bestäubt werden und neue Samen bilden. Diese bekommen durch ihre Fülle irgendwann eine solche Schwere, dass die Rispen sich gen Boden neigen. Die Samen fallen aus, gelangen in die Erde und bilden bald wieder neue Pflanzen usw. – Das ist ein offensichtlicher Kreislauf. Es ist ein Kreislauf, der sich selbst erhält, aber auch ein Kreislauf, der in sich selbst gefangen bleibt.

„Wenn der Mensch zu Reichtum gelangt, hebt er sein Haupt.“ – Der moralische Aspekt ist, wenn der Mensch zu materiellem Reichtum gelangt, fühlt er sich anderen gegenüber überlegen, wird stolz und überheblich. Der tiefer liegende Aspekt ist spiritueller Natur und hat somit auch eine gänzlich andere Aussage. „Wenn der Mensch zu Reichtum gelangt, hebt er sein Haupt.“ Materieller Reichtum ist in Wahrheit kein Reichtum, es ist eine bloße Illusion, ein Abglanz von wirklichem Reichtum, innerem Reichtum. Nur ein Mensch, der spirituell heranreift, erfährt nach und nach diesen wahren, dauerhaften Segen. Und ein gereifter Mensch schaut nicht mehr zu Boden, zur Materie, er kümmert sich nicht mehr um materiellen, um irdischen Besitz – sein Blick wendet sich zum Himmel, zum Göttlichen. Es ist ein Aufstieg und zugleich der Ausstieg aus dem Kreislauf allen Irdischen. Deshalb: „Wenn der Mensch zu Reichtum gelangt, zu wahrem Reichtum, hebt er sein Haupt.“

Ich möchte damit andeuten, dass wir nicht im Moralischen stecken bleiben dürfen. An einer moralischen Lebensweise ist nichts verkehrt, aber sie ist nicht das Ende unserer Entwicklung, sie ist der Beginn. Wer moralisch lebt, tut dies letztlich immer noch aus materiellen Gründen. Er genießt dadurch seine Vorteile in der Gesellschaft. Er hat einen guten Ruf. Er erfährt Lob und Anerkennung. Das prägt ein subtiles Ego aus, das schwerer loszuwerden ist als das Ego des Normalsterblichen. Der moralische Mensch ist fast ein Heiliger – und wer möchte diese Heiligkeit freiwillig wieder aufgeben? Diese Heiligkeit ist aber nicht echt, sie ist erkauft durch barmherziges Auftreten, durch wohlwollendes Gebaren, durch Spenden an Bedürftige usw. All diese Dinge sind wohlgemerkt nicht verkehrt. Aber ich denke, dass jeder den Beigeschmack davon kennt. Dieser „Heilige“ blickt herab auf die Bedürftigen und weniger heiligen Mitmenschen, denen er Hilfe aus vermeintlich ehrenwerten Höhen zukommen lässt. Er ist wie die Reispflanze in menschlicher Prägung. Er kommt aus dem materiellen Kreislauf nicht heraus, er bestärkt ihn sogar.

Der spirituell erwachsene Mensch hält sein Haupt erhoben, und er möchte, dass alle Menschen ihr Haupt zu Gottes Angesicht erheben. Er wünscht sich sehnlich ihren Aufstieg. Mit allen gemeinsam, ja, sogar mit Gott selbst, will er sich auf Augenhöhe einfinden. Deshalb ist der Reichtum, den er verteilt, auch ein ewiger Reichtum. Er ist die dringliche Erinnerung daran, dass wir alle Inhaber dieses Reichtums sind und stets waren, dass es keine Armut und keine Abhängigkeit gibt. Nur ein Einssein im Reich des Höchsten, das nichts als ein beständiges Überfließen von Gottes Segnungen kennt.

Eine Geschichte aus Chelm. Chelm und die Bewohner von Chelm sind das jüdische Pendant zu Schilda und den Schildbürgern. Jemand fragte den Rabbi von Chelm, was das wichtigere Gestirn sei, die Sonne oder Mond. Der Rabbi antwortete sogleich: „Natürlich der Mond, denn er leuchtet in der dunklen Nacht. Die Sonne scheint am Tag, wenn es sowieso hell ist.“

Wie beim ersten, so steht auch beim vierten Schöpfungstag das Licht im Mittelpunkt. Gott erschuf ein großes Licht für den Tag, die Sonne, und eine großes Licht für die Nacht, den Mond. Und er füllte das All mit Milliarden von Sternen und Galaxien. Später sagte er zu Abraham: „Schaue zum Himmel empor. Soviel Sterne wie du siehst, so groß soll einst deine Nachkommenschaft sein.“ Er sagte Abraham damit, wir Menschen sollen Seelenlichter in der Finsternis sein. Jesus sagte: „Stellt euer Licht nicht unter den Schäffel, lasst es hell leuchten auf dem Berge, sodass jeder es sehen kann!“

Am fünften Schöpfungstag belebte Gott die Lüfte mit allerlei Vögeln und die Flüsse, Seen und Meere mit vielfältigsten Arten von Fischen. Wir sehen die Fischer am Ufer des See Genezareth, die ihre Netze flicken und Boote reparieren, als der Meister vorbeikommt und zu zweien von ihnen sagt: „Folgt mir, ab heute sollt ihr Menschenfischer sein.“ Und wir erinnern uns an die wundersame Vermehrung von Brot und Fisch zur Sättigung der vielen tausend Zuhörer, die gekommen waren, um den Worten Jesu zu lauschen.

Der sechste Schöpfungstag war zuerst den Tieren und zuletzt dem Menschen gewidmet. Und es steht geschrieben: „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.“ Jesus sprach: „Der Vater und ich, wir sind eins. Und ihr seid meine Brüder.“ Das heißt, auch wir sind eins mit Gott. Selbst wenn wir es anders empfinden mögen, es gibt in Wahrheit keine Trennung von Gott.

Am siebten Tag vollendete Gott sein Werk, indem er ruhte. Er heiligte sein Werk, indem er sich von all seinem Schaffen ausruhte. Jesus sprach zu den Aposteln, die gerade von einer Missionsreise zurückkehrten und ihm von ihren Taten berichteten: „Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus.“ Auch Ruhen ist Tun. Ruhen ist das wahre Vollenden einer Tätigkeit. Ein Werk ist erst vollendet durch unseren inneren Abstand, den wir von ihm nehmen. Jetzt ist es ganz sich selbst, jetzt sind wir nicht mehr involviert und es kann aus sich heraus zu strahlen beginnen.

Was aber ist seit der Schöpfung mit der Welt geschehen? War sie sich ihrer Heiligkeit bewusst? Konnte sie die von Gott verliehene Strahlkraft aufrechterhalten? Kann jeder Sohn, jede Tochter das Erbe des Vaters ehren und vermehren? Sich selbst überlassen beginnen die Zweifel bei den Menschen. Das einstmals vollkommene Vertrauen lässt nach. Wir Menschen verlieren das feine Fühlen und glauben irgendwann nur mehr den gröberen Sinnen. So entsteht Ferne, immer mehr Abstand zum einstigen selig machenden Ursprung. Und all die Leiden, die das Gefühl der Trennung hervorrufen, beginnen.

So fühlte sich Gott nach langen Zeitperioden wiederkehrender Finsternis zu einem achten Schöpfungstag genötigt. Und er ließ Jesus, seinen geheiligten Sohn, das Dämmerlicht der Welt erblicken. Eine neue Sonne erstrahlte und wurde erkannt. Eine ewige Sonne des Geistes, der keine Finsternis entgegensteht. Das ist der tiefe Sinn von Weihnachten. Seit Jesu Geburt sind die Nächte unserer Seele erleuchtet. Den neuen Menschen schreckt keine Dunkelheit mehr. Er ist mit Jesus gemeinsam in Gottes Glanz hineingeboren worden. Keine Angst, kein Getrenntsein, keine Lieblosigkeit bedroht ihn mehr. Jetzt ruht der Mensch mit Gott, mit dem Himmel, in ewigem Frieden und in der Freude und Liebe eines schlichten Seins.

© Text: Abt Aharon Bhajan Noam


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Vor kurzem ist mein neues Werk erschienen:
 
"DER MEISTER"  -  Ein kleines Diadem, das in den vergangenen 20 Jahren Edelstein für Edelstein entstanden ist.
 
AUS DEM VORWORT: Dieses Buch ist der Sanftheit und Radikalität der Meister gewidmet. Es ist eine Hymne an sie: an die regional Wirkenden und an die großen Weltenlehrer, an die Bekannten und an die im Verborgenen Tätigen. Jeder Meister ist Der Meister. Ihnen allen ist das gleiche Aroma eigen, der gleiche süße und herbe Duft. Dass ich Jesus in den Mittelpunkt stellte, liegt an seiner Größe und universalen Rolle, die er spielt. Doch ein Georges Gurdjieff, eine Rabiya al Basra, ein Jakob Böhme (der in diesem Buch keine Erwähnung findet) sind nicht weniger wert. Alle nahmen sie die Bürde auf sich, litten, liebten und feierten und versprühten unablässig den Heiligen Geist und eine unfassbare, ganz im Jenseits fußende Gottessehnsucht.
 
In diesem meinem Leben durfte ich einigen jener wertvollen Wesen, Männern und Frauen, begegnen, die mich eine Strecke des Weges begleiteten und mit ihrem Sein und ihren Worten die mir innewohnende Wahrheit bestärkten. Für sie soll meine kleine Sammlung von Texten und Versen als Lobespsalm erklingen. Mögen alle Meister, Lehrer und Mystiker, die nichts sehnlicher wünschen, als den Heiler und Meister in uns zu wecken, Ehrung erfahren von würdigen Schülern.
 
Vollendet im Februar 2021. Februar kommt vom lateinischen februare = reinigen. Wir leben gerade mitten in der Zeit der GROSSEN REINIGUNG. Und diese Sammlung ist ein Buch der Reinigung, der Heiligung; nimm es als solches in deine Hände und lasse jedes Wort segensvoll in dir wirken.
 
Bhajan Noam

 

Bhajan Noam  DER MEISTER  - 2. Auflage, 274 Seiten, 20 €/25 SFR.

Bestellungen: bhajan.noam@gmx.de portofrei (D)

 

 

 

 

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